Eine Untersuchung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Juni 2024 hat ergeben, dass rund 78,5% der angeschlossenen Verbände in den vergangenen beiden Jahren Angebote einschränken oder ganz einstellen mussten. Auch rechnen über 75% von Ihnen mit einer Fortführung des Trends. Flächen-deckend im gesamten Bundesgebiet sind neben der Reduktion des Angebots z. B. durch Schließung von Einrichtungen, zahlreiche Insolvenzen bei allen Trägeren der freien Wohlfahrtspflege erkennbar. Und auch bei (noch) bestehenden Angeboten muss man nicht lange suchen, um Defizite wie z. B. überalterte Immobilien, unattraktive Arbeitsbedingungen und auch erste Versorgungslücken zu finden.

“Die aktuellen Entwicklungen sind alarmierend und existenziell bedrohlich für die Leistungserbringer” äußert sich Florian Letzel, Vorstand und Geschäftsführer des DRK in der Grafschaft Bentheim “Wir haben es hier mit einem Flächenbrand zu tun, der bereits im gesamten Bundesgebiet, träger- und angebotsübergreifend wütet und unsere Daseinsvorsorge und somit unsere gesamte Gesellschaft unmittelbar und massiv bedroht”.

Die freie Wohlfahrtspflege in NRW hat im Juni bereits öffentlichkeits-wirksam auf Missstände aufmerksam gemacht. Unter der Überschrift “Gehen hier bald die Lichter aus”, gab es unterschiedliche Aktionen, um auf den aktuellen Zustand der Sozialwirtschaft aufmerksam zu machen. „Die Unsicherheit über die Zukunft sozialer Dienstleistungen in NRW ist so groß wie nie. Die Rahmenbedingungen waren schon in der Vergangenheit selten auskömmlich, nun sind sie endgültig untragbar. Mangelverwaltung, Fachkräftemangel, Finanzierungs-lücken, Versorgungslücken und zu viel Bürokratie sind Alltag in den sozialen Einrichtungen in NRW. Wir sehen schwarz, wenn sich nicht endlich etwas ändert”, heißt es in der Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrts-pflege des Landes NRW.

“Diese Aussagen gelten uneingeschränkt für das gesamte Bundes-gebiet” so Letzel. „Es ist Fakt, dass die gesamte Sozialwirtschaft unter massivem Druck steht, der täglich neue Opfer fordert und die zwingend notwendigen Angebote in ihrer Existenz bedroht. Diese Entwicklung ist nicht nur gefährlich für uns als Leistungserbringer, sondern auch für das gesellschaftlich Miteinander. Die Auswege aus dieser Krise in einem derart komplexen Gesamt-System liegen dabei leider weder unmittelbar auf der Hand, noch können sie von heute auf morgen greifen. Umso wichtiger ist es, sofort mit der gemeinsamen Entwicklung und Umsetzung von Lösungen zu beginnen.“

Das DRK in der Grafschaft Bentheim ist mit rund 850 Mitarbeitenden an über 20 Standorten ein mittelgroßer Verband. Das Leistungs-portfolio umschließt dabei unter anderem umfangreiche Angebote in der stationären und ambulanten Pflege, der Kinder- und Jugendhilfe, im Rettungsdienst sowie diverse Beratungs- und Hilfsangebote und musste im vergangenen Jahr bereits reduziert werden. „Beim DRK in der Grafschaft Bentheim sind wir in einer besonders angespannten Situation“ schildert Letzel „innerhalb der aktuellen Rahmen-bedingungen, die selbst für bis dato gesunde Träger existenziell bedrohlich sind, befinden wir uns zudem in einer tiefgreifenden Sanierung, was uns vor zusätzliche Herausforderungen stellt“.

Lokal kann leider nur wenig bewirkt werden, da die Ursachen überwiegend in bundes- oder landesweiten Ordnungsrahmen begründet liegen. „Dennoch freuen wir uns über viele Schritte, die wir vor Ort bereits gemeinsam gehen“ resümiert Letzel und verweist dabei unter anderem intensiven Austausch zwischen den unterschiedlichen Trägern, konstruktive Gespräche mit den örtlichen Vertragspartnern wie z. B. Landkreis und Kommunen, erste gemeinsame Aktionen wie z. B. einem gerade erst veröffentlichten Positionspapier zur zukunftsorientierten Pflegepolitik sowie offene Ohren der Politik.

Dennoch ist es dringend notwendig, dass alle Akteure, darunter v.a. Landes- und Bundes-Politik, Leistungserbringer, aber auch Kosten-träger, wie Pflege- und Krankenkassen, ihre Expertise bündeln, zeit-nah Handlungsoptionen identifizieren und schnell umsetzen. „Hierzu möchte ich aufrufen! Andernfalls könnte die Frage der Kollegen aus NRW – gehen hier bald die Lichter aus? flächendeckend wohl mit einem „ja“ beantwortet werden“ befürchtet Letzel „dieses Szenario und die Konsequenzen kann und möchte ich mir nicht vorstellen“.

Weiterführende Informationen erhalten Sie unter anderem hier:

https://www.bagfw.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detail/angebote-von-wohlfahrtsverbaenden-mussten-vielfach-schon-eingeschraenkt-oder-ganz-eingestellt-werden

https://lag-fw-nds.de/pressemitteilungen/pm-09-07-2024-dringender-appell-an-die-politik-soziale-infrastruktur-in-niedersachsen-in-gefahr

https://www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de/presse/detail/landesweite-aktionswoche-black-week-gehen-hier-bald-die-lichter-aus

Für Rückfragen steht Ihnen Herr Letzel gerne zur Verfügung.

Das Bild wird mit freundlicher Genehmigung der LAG FW NRW genutzt. Vielen Dank dafür!